Australien
Alte Griechen und fruehe Seefahrer witterten hier den grossen suedlichen
Kontinent als logisches Gegengewicht zu den noerdlichen Landmassen, damit die
Erde nicht eiert. Was sie dann fanden war "nur" 20 mal groesser als
Deutschland, das Klima unertraeglich. Noch heute ist das Land praktisch
menschenleer, die 20 Mio. Einwohner leben fast ausschliesslich in grossen
Kuestenstaedten. Wir folgen ein letztes mal Cooks Spuren
entlang der Ost - und Nordkueste.
Segeln hinter dem Great Barrier Reef
bedeutet eigentlich entspanntes Dahingleiten auf flacher gruener See bei
maessigen je nach Saison berechenbaren Wind- und Stromverhaeltnissen. Die
Ankermoeglichkeiten sind zahlreich und sicher. Wenn da nicht alle Augenblicke
eine Insel im Weg waere oder eine Untiefe lauerte.
Aus der Vogelperspektive
betrachtet ist das Barriereriff aus 5000 Inseln und Riffen vor der sonnigen
Queensland-Kueste ein einzigartiges Naturwunder. Auch der Kurzzeit-Urlauber wird
bei Tagestoerns zum Aussenriff seinen Spass haben. Das Wasser ist zwar gruen
aber ziemlich trueb, viele Korallen sind geschaedigt. Fuer den durchreisenden
Segler werden die 1000 Seemeilen Truemmer irgendwann zur Plage.
Die Whitsunday Islands
sind ein beliebtes Segel- und Ausflugsrevier der Australier. Schoene
Sandstraende befinden sich an den windseitigen Buchten, die fuer laenger
ankernde Boote ungeschuetzt sind. Einige exklusive Ressorts haben ganze Inseln
gepachtet, wie oben links Hayman Island. Die teure Hamilton Marina mit
uniformierten Boatboys oben rechts beherbergt vorzugsweise luxurioese Motorboote
und der Katamaran unten links spuelte 30 Touristen (+ 3 Crew) an den kleinen
Strand, den wir gerade erobert hatten. Aber es gibt auch einige ruhige einsame
Ankerplaetze.
Landfall kompliziert
In der Karibik und im ganzen Suedpazifik konnten wir vergessen, was Tidenhub
ist. Hier bei 3 bis 6 m nicht. Meist liegt das Beiboot im Schlick, manchmal wir
selbst. Die vielen unbewohnten Inseln sind durchweg unzugaenglich, da nach
ein paar Metern am Ufer Mangroven und dichtes Buschwerk den Weg versperren. Etwa
ab Hoehe Cairns bis hoch zum Cape York wird es wieder leichter, Inseln zu entern
und erkunden.
Ein schwarzer Tag
war es fuer Cook, als er 1770 auf Hoehe des heutigen Cooktown glaubte, endlich
die freie See vor sich erreicht zu haben, und nachts auf ein Riff lief. Unter
Einsatz aller Pumpen und Haende erreichte die schwer beschaedigte HMS Endeavour
eine Flussmuendung und wurde auf den Strand gesetzt. Die Reparatur dauerte 48
Tage, erstmals wurden Kaenguruhs gesichtet und erste Kontakte mit den
Ureinwohnern aufgenommen. Unten links unser wackeliger Ankerplatz am
Pickersgrill Reef, suedlich des Endeavour Reefs.
Safety First - bis zum abwinken
Anders als bei Cook damals gibt es jetzt ja die wunderbaren navigatorischen Hilfen, die
uns sicher durchs Riff fuehren, aber zusaetzlich auch wundersame
Sicherheits-Paragraphen in Australien. Danach duerfen wir wegen der fiesen
Quallen, Haie und Krokodile nicht ins Meer springen, hoechstens mal mit blauem
Ganzkoerper-Kondom, und eigentlich auch nicht allein durch unwegsames Land wegen der listigen
Schlangen und Spinnen.
An manchem Ankerplatz
fuettern wir also aus sicherer Distanz die Fische und traeumen wieder von
den unbeschwerten Pazifikinseln. Aber wer sich die australische Buerokratie mal
wegdenkt, kann Land und Leute durchaus lieben lernen.
Lichtspiele
Zum Beispiel indem er von See her die abendlichen Lichtspiegelungen des heissen
roten Hinterlandes betrachtet. Kein kuenstliches Licht stoert, kein Anzeichen
von Zivilisation, gelegentlich flackert und verloescht ein Lagerfeuer der
wenigen letzten Aborigines.
Rote Erde
So wie jeden Australien-Besucher verbluefft uns auch zunaechst diese auffallend
rote Erde ueberall. Nicht nur auf den teil- oder ungepflasterten Strassen, auch
unter den Steppengraesern und den landwirtschaftlich genutzten Flaechen. Im Bild
eine typische endlose Buschstrasse, ueber die laufend 50 m lange Schleppzuege
mit 4 Anhaengern rollen, sog. Road Trains, in dicke Staubwolken gehuellt. Sie
bringen die reichen Erzvorkommen vom Binnenland an die Kueste.
Kein Lueftchen weht
Hinter den Kuestengebirgen beginnt das Outback, das die Queenslaender
"Hinterland" nennen: trockenes Flachland mit Buschgras,
Eukalyptusbaeumen, Termitenhaufen und gelegentlichen kleinen Felshuegeln. Und
richtig heiss, obwohl wir gerade Winter haben. Wenn es im Sommer einmal regnet,
sind Land und Wege wochenlang ueberschwemmt. Von einer Siedlung zur naechsten
sind es oft mehrere hundert Kilometer.
Savanne
Nur die haertesten Pflanzen- und Reptilienarten halten es hier aus, sie
trinken nur vom Morgentau. Die grossen Wuesten weiter im Innern dieses riesigen
Landes sind gerade noch 2 Tagesreisen (mit dem Auto!) weg, aber wir kehren
vorher um, als ein Ranger uns vor den Schlangen warnt. Auf dem Wasser fuehlen
wir uns sicherer und der kleine Campervan bietet kein kuehles Bier.
Goldrausch am Palmers River
Laengst verebbt, aber Ende des 19. Jahrhunderts begann hier ueber Nacht die
Party. Einen Tagesritt entfernt an der Kueste entstand der Umschlaghafen fuer
das edle Metall, Werkzeuge und Arbeiter: Cooktown. Binnen eines Jahres kamen
30000 Chinesen. Bars und Bordelle sorgten dafuer, dass der Lohn im Lande blieb,
und der Spuk war schnell vorbei. Patricia Shaw hat diese Zeit der
Gold- und Opalfunde spannend in ihren Buechern beschrieben.
Gegen das Vergessen
kaempfen momentan halbherzig die weissen Australier. Neuerdings darf in der
Grundschule gelehrt werden, dass Australiens Kulturgeschichte schon vor
Cook begann und das von den eifrigen europaeischen Vorfahren mit riesigen Cattle
Stations besetzte Land eigentlich den verjagten Aborigines gehoert. Die
Ureinwohner erhielten eigene Reservate, dafuer duerfen die "Weissen"
die Aboriginal-Kultur vermarkten und die Touristen weiter auf dem heiligen Ayers
Rock herumtrampeln.
Die Ureinwohner
in ihrem natuerlichen Umfeld, ob ansaessig an der Kueste oder nomadisierend im
Hinterland, haben wir nicht gesehen. Gut, wenn sie aus Erfahrung den Kontakt
meiden - schlecht, wenn wir Kurzbesucher uns neugierig aufdraengen. Sie machen
heute 1% der Gesamtbevoelkerung aus. Platz ist reichlich vorhanden, aber wie
schwierig das Zusammenleben beider Kulturen ist, laesst sich an den betrunkenen
Aborigines in den Staedten erahnen. Nur ganz wenige schaffen es dort mit
Kunstmalereien oder Tanzen vor Touristen eigenes Geld zu verdienen.
Cape Melville
mit seinen merkwuerdigen 500 m hohen Steinhaufen. Ab hier und weiter
noerdlich soll es einige traditionelle Aborigines-Siedlungen geben, so hat uns
das Aboriginal Council in Cairns versichert. Wir ankern und warten brav, aber ausser ein
paar Rauchfahnen zeigt sich keine Menschenseele. Dann nicht - in Polynesien
oder Melanesien waeren wir laengst von Kanus umringt.
Schneeweisse Duenen
Diese Silikatberge sind der Stoff, aus dem elektronische Bauteile (zum Beispiel
fuer Papas PC oder die Daddelkisten der Kids) gemacht werden. Auslaendische
Firmen, allen voran die Japaner, haben hier Abbaulizenzen und schleppen
pausenlos Schiffsladungen direkt in ihre Fabriken.
Cape York
mit dem weissen Puenktchen drauf. Eine bescheidene aber beruehmte Landmarke am
nordöstlichsten Zipfel Australiens besagt, dass wir den wunderschoenen Pazifik
nun leider endgueltig verlassen und weiter nach Westen in die Torres Strait
Richtung Indischen Ozean einbiegen.
Golf von Carpentaria
Endlich wieder ein paar Tage freie See ohne Hindernisse vor uns auf dem Weg
ueber das "Top End" des Northern Territory. Ein Blaufusstoelpel
bedankt sich auf seine Weise (oben rechts) fuer die guenstige
Uebernachtungsmoeglichkeit. Die Ruhe wird nur unterbrochen vom taeglichen
Funkruf des Flugzeugs der Kuestenwache, die genau wissen will wer wir sind und
und wohin wir wollen.
Unsere Insel
Und dann finden wir sie doch noch! Ein 1 km langes Eiland weit draussen,
unbewohnt und schoen wie in der Suedsee. Ausser Schildkroeten, die nachts am
Strand ihre Eier ablegen, kein gemeingefaehrliches Krabbelvieh. Seit der Ankunft
in Australien vor 8 Monaten springen wir wie Adam und Eva erstmals wieder ueber
Bord in kristallklares Wasser.
Die Inbesitznahme
dokumentieren wir mittels
ordentlich in wasserfestes Seemannsgarn eingewickelter Flaschenpost an die UNO und benennen
die Insel nach unserem Schiff. Die fliegende Kuestenwache war leicht verwirrt,
als wir uns mit TRUANT 2 auf TRUANT Island melden, hat aber nicht widersprochen.
Also: Briefkastenfirmen und andere Steuerfluechtlinge melden sich bitte diskret
auf Pos 11-39.7 Sued, 136-49.3 Ost.
In der Zwischenzeit segeln wir erst mal weiter. Vorbei an den kahlen rotgluehenden Bauxitfeldern von Arnhems Nordosten, mit fast 13 Knoten durch die enge Cumberland Strait zwischen den Wessel Islands und etwas langsamer weiter bis nach Darwin. Von dort ist es nicht weit bis zum Kakadu Nationalpark und Ubirr mit Blick auf die riesigen Feuchtgebiete im Westen Arnhems.
Abschied
Wegen der grossen Distanzen haben wir uns nur ein unvollstaendiges Bild von den
vielfaeltigen Landschaften Australiens machen koennen. Ein Highlight war das
Wiedersehen mit John und Prue, den Vorbesitzern von Truant im allzeit sonnigen
Brisbane. Zu "richtigen" Aborigines ergab sich ja leider kein Kontakt,
die europaeisch-staemmigen Australier in den Staedten fanden wir ausgesprochen
locker und lustig. Im Bild: Molly Melones in Townsville, Cairns Marlin Marina,
Brisbane, Darwins Cullen Bay Marina mit Schleuse bei Niedrigwasser (Tidenhub um
8 m).
Nachwehen
Ob diese Albtraeume jemals wieder aufhoeren? Und Eis wird alleine geschlickert -
wer weiss, ob wir das in Asien ueberhaupt bekommen.
Australischer Raucherschutz
Das ist kein Spass, sondern toternste Logik der lokalen Buerokraten...