Malediven
Atlantis 2
Die 1200 Erbseninseln, über eine Länge von 800 km in 21 Ringen (Atollen)
angeordnet, werden in 200 Jahren verschwunden sein. Noch schauen 3 Promille der
Staatsfläche aus dem Wasser. 200 Inseln sind bewohnt, davon die Hälfte mit
360.000 strenggläubigen Muslimen und die andere Hälfte säuberlich getrennt
mit ungläubigen Reichen und Schönen aus aller Welt.
Kurzfilm: Delphine statt
Wind auf der Überfahrt von Srilanka zu den Malediven.
(falls das nicht geht, bitte erst herunterladen; ist virenfrei)
Uligamu
Unser Einklarierungsort liegt auf dem nördlichsten Atoll. Ein kleines
Fischerdorf mit hübschen Häuschen aus Korallenmauern und freundlich
reservierten Einwohnern. Mit 2 Ankern klemmt TRUANT mitten im Korallenriff und
muss mehrere Sonnenuntergänge abwarten, bis sie ohne Blessuren bei passendem
Wind wieder freikommt.
Wellness-Steaks statt Ankersalat
Na ja, mit den berüchtigten Ankerschwierigkeiten auf den Malediven wollen wir
es mal langsam angehen. Das Hideaway-Ressort im nächsten Atoll liegt auf dem
Weg und empfängt uns freundlich. Die Liegegebühren am Schwimmsteg der einzigen
Malediven-Marina sind verhandelbar, die Steaks super, die Gäste überschaubar
und aufgeschlossen.
5-Sterne-Luxus für Langfahrtsegler-Geizkragen
3 Tage haben wir uns verwöhnen lassen, allerdings mit Pfeife vorweg als
Appetitzügler wegen der uebersichtlichen Portionen, Bier an Bord statt an gutbestückter Bar, Zähneputzen und
Schlafen auch an Bord statt in komfortabler Strandvilla für 500 - 5000 US$ die
Nacht. Links unten im Bild das bescheidene 120 qm große Bad einer Strandvilla.
Teuer, aber der Gegenwert stimmt. Die 43 Villas mit jeweils eigenem Strandabschnitt
sind ausgebucht.
Truant allein im Hafen
von Kulhudhuffushi, neugierig beäugt von den Dorfbewohnern. Als Segler dürfen
wir - anders als die Ressort-Urlauber - alle einheimischen Inseln
uneingeschränkt besuchen. Genau das, was wir bei unserem Insel-Hopping in den
nächsten 2 Monaten nutzen wollen, um Land und Leute kennen zu lernen.
Kulhudhuffushi
Anders als vorher in Uligamu gibt's hier einige Shops und Cafes, sogar einen
(selbstverständlich alkoholfreien) Biergarten. Die flachen schönen
Korallenhäuser mit schattigen Vorgärten werden nur von der Moschee überragt.
Die Männer hängen ab, die Frauen haben ihre Arbeit. Eine heile Welt (fuer
Maenner).
Freitag
ist Feiertag, also Freitag, Sonnabend auch, aber Sonntag und die übrigen
Wochentage wird gearbeitet (wenn Arbeit da ist), so will es der Prophet, gelobet
werde sein Name. Da
erobern die Jungs unser Beiboot (Anschiss vom Hafenmeister), gehen die Damen
züchtig baden oder promenieren mit ihren Kindern durchs Dorf.
Truant auf der Landebahn
Das temporäre Ablösen von den eigenen Kulturgewohnheiten fällt uns
schwerer als gedacht. Zufällig ist da wieder eine Ressort-Insel in der Nähe
bei Kuredhoo. Nach telefonischer Anmeldung dürfen wir uns neben den
Wasserflugzeugen eine Boje schnappen - und ein kühles Bier. Kurzfilm
Klassenunterschiede
Auch hier ist das Hotel-Management sehr freundlich zu uns Seglern, die Tapas zum
Bier/Cocktail lecker und die Gemeinschaftsstrände schneeweiß. Das zahlreiche
Publikum des 4-Sterne-Ressorts mit Wedding-Kapelle am Strand hätte aber eher
nach Malle gepasst. Was ein Stern doch ausmacht.
Male
Die Hauptstadt-Insel mit 110.000 Einwohnern auf knapp 3 qkm platzt aus allen
Nähten. Auf den Straßen und Plätzen herrscht etwas gespannte Unruhe. Vor 2
Monaten (Februar 2012) wurde der erste 2008 demokratisch gewählte Präsident
Nasheed von den Militärs der alten 30-jährigen Diktatur aus dem Amt geputscht.
Momentan habe eine Strohpuppe den Präsidenten-Wohnsitz bezogen, so achelzuckend
hilflos die Überzeugung der meisten Malediven.
Male ist politisches Zentrum und wirtschaftliche Drehscheibe des flächenmäßig kleinsten UN-Mitgliedsstaates. Hier wird der Fischfang aus dem ganzen Archipel umgeschlagen und exportiert, die importierten Waren auf die Inseln verteilt, Urlauber zu den Ressorts landen und starten ab hier. Wir finden die quirlige Stadt, die man in einer halben Stunde durchqueren kann, ganz hübsch.
Ruppiger Ankerplatz
TRUANT liegt in der "geschützten" Lagune der Flughafeninsel Hulhumale, 20
Fährminuten von Male entfernt. Rundum lautstarke "Safari"-Boote mit
Urlaubsgästen, und ca. 10 Segelboote, die auf ihre Verschiffung per Frachter
durchs Rote Meer warten.
Unterwasserwelt
"Safari"-Touren für 1000 US$ pro Nacht und Koje gehen bei uns auch
billiger. Nach dem Hauptstadt-Trubel machen wir weiter Zwischenstops an unbewohnten
Inseln. Die Korallen sollen in den letzten Jahren ziemlich zerstört gewesen
sein, erholen sich aber langsam wieder. Unten rechts Skippers Lieblinge: da
wickelt sich zu gern die Ankerkette rum. Kurzfilm
Viele unbewohnte Trauminseln
bleiben unerreichbar für uns. Die rundum geschlossenen Riffe fallen zum
Atoll-Inneren fast senkrecht auf 40m und mehr ab, am Atoll-Aussenriff
schlagartig auf 1000m und mehr. Die Fischer haben spezielle 5-zackige Anker
(oben rechts), die sie voll in die Korallen knallen. Sehr hilfreich
angesichts des ungenauen Kartenmaterials ist die Ansteuerung der Inseln und
Lagunenpässe über Google Maps (Smartphone; überall Mobilfunk).
Vergessene Menschen
Das Fischerdorf Kulhuvaariyaa-Fushi im Meemu-Atoll wurde 2004 von zwei Tsunami-Wellen komplett zerstört. Bis heute wohnen die, die glücklich
überlebten, in Behelfsbaracken. 2008 startete Präsident Nasheed
unverzüglich ein Wiederaufbauprojekt für alle geschädigten Inseln.
Die Häuser für 200 Familien sind fertig verputzt, es fehlen nur noch Türen, Fenster und Installationen. Gastarbeiter aus Bangladesh helfen neuen Sand herbeizuschaffen. Seit dem Putsch in Male kommt kein Material mehr, das Wiederaufbauprojekt ist gestoppt. Wird man sie wieder vergessen?
Veymandhoo/Thaa-Atoll
Hier, ein paar Tage später, bekommen wir den vom Militär neu eingesetzten
Übergangs-Präsidenten Waheed mit seiner Entourage leibhaftig zu Gesicht.
Veymandhoo wurde nicht beschädigt, die Leute leben gut vom Fischfang. Ein
Vorzeigeort.
Idylle im Paradies
Schon bei der Anfahrt in die türkise Naturlagune vor Veymandhoo erfreut eine
kleine überdachte Beiboot-Pier das Seglerherz. Nebenan der neue Hafen mit Hafenpromenade,
geschmückt mit Winkmitteln anlässlich des Präsidentenbesuchs.
Alte Banyan Trees spenden Schatten und ein Baumhaus-Restaurant gibt's auch.
As'salaam alaikum
Ismail, der junge sympathische Imam des Dorfes samt Verwandtschaft, begrüßt
uns sehr herzlich mit einem kühlen Kokusnuss-Umtrunk. Laut seinem Gästebuch
ward seit 12 Monaten hier kein Segelboot mehr gesehen. Mutig besteigt er das
Beiboot und inspiziert TRUANT.
Kleine heile Welt
Wichtiger als der Präsidentenbesuch ist der laufende Schulwettbewerb mit
begeisterten Schülern und Eltern. Lehrer Khan aus Pakistan und Hospital-Doktor
Parween (mit Zigarette) aus Indien sind beste Freunde und an Bord wird die
Tapferkeit der beiden Nichtschwimmer begossen.
Weiter gen Süden
macht sich die Tiefdruckrinne des näherrückenden Äquators durch vermehrte
kurze Regenschauer bemerkbar. Bei Nachtfahrten ist schon mal die Burka gegen den
kühlen Wind von Nutzen. Auch TRUANTs Schlingerkurs durch die aufgewühlte
Passeinfahrt ins Gaafu-Atoll kann die Haare kurzzeitig zu Berge stehen lassen.
Der Lohn der Angst sind 2 kg frischer Fisch von Fischer Abdullah.
Fischer Abdullah
ist hin und hergerissen von TRUANTs technischen Spielereien und will alles genau
wissen. Der zweitjüngste von 7 Söhnen muss übersetzen. Wir nehmen den Hut ab
vor ihm, der seine Söhne und sein kleines Holzboot ohne all diesen
Schnickschnack stolz und sicher bei jedem Wetter über die Riffe schippert.
Letztes Dorf vor
Äquator
Die Nordhalbkugel will uns noch nicht loslassen und hat 12 nm vor dem Äquator
Schietwedder bestellt. Auf Faresmaathodaa bleiben wir ein paar Tage, palavern in
den Cafes mit den Locals über Allah und die Welt, begutachten Korallenhäuser
von innen und erledigen kleinere Reparaturen an Bord.
Adios Asien
Nach dem nächtlichen Äquatordurchgang (Position links unten) geht es direkt in
den kühleren Süd-Herbst. Hurra! Noch eine kleine Stärkung in Gan auf dem
südlichsten Addu-Atoll, dann steuert TRUANT weiter Richtung Mauritius mit
kurzem Zwischenstopp auf dem Chagos-Archipel. In den ganzen Malediven trafen wir,
abgesehen von den verschifften Booten in Male, nur ein Segelboot in Uligam
und zwei hier in Gan.