Hallo Ihr Lieben,

es wird mal wieder Zeit fuer einen Erlebnisbericht. Neuseeland war sehr, sehr schoen, aber es fiel nicht aus dem Rahmen. Ueber Papua-Neuguinea  m u s s  ich schreiben.

In Deutschland haben wir keine Reiselektuere ueber PNG auftreiben koennen. Unsere Informationen bestanden nur daraus, dass das Land sehr gefaehrlich sein soll, insbesondere Port Moresby, und teuer. Eine gefuehrte Reisetour (z.B. der Kokoda-Treck) in die Berge zu Fuss durch den Dschungel von Dorf zu Dorf ist bestimmt sehr spannend, vor allem wenn der Preis stimmt. Fuer eine knappe Woche loehnt eine Person ueber 1000 Euro. Ist was fuer Aussies, die sich mit Gift- und Wuergeschlangen, Krokodilen und giftigen Spinnen auskennen oder Erinnerungen an den letzten Weltkrieg haben. Uns fehlt die Kondition und die spaetere klinische Versorgung. Das Land ist ebenfalls Dengue- und Malaria-verseucht.

Die wenigen Hotels, die wir ueber ein Reisebuero haetten buchen koennen, sind suendhaft teuer und eher fuer Geschaeftsleute. Wir sind guten Mutes und schlagen uns schon irgendwie durch! In drei Tagen laeuft unsere Aufenthaltsgenehmigung fuer Australien ab, wir muessen kurz raus und PNG steht ganz oben auf meiner Liste. Egal, was man ueber dieses Land sagt. Wir buchen den Flug und oh Wunder, Uli ergattert einen LONELY PLANET. Im Flieger macht er sich ein wenig schlau.

Angekommen in Port Moresby fallen wir "Welterfahrenen" gleich einem Schlepper in die Haende. Er borgt sich Uli's Handy und verschwindet. Ich werde panisch. Uli bleibt ruhig und nach 1 Stunde kommt der Typ tatsaechlich zurueck - mit Handy! Wie schnell ich doch voreingenommen bin. Er vermittelt uns an ein Taxi und wollte uns jetzt abzocken. 120 Kina fuer die Fahrt zum Hotel. Uli drueckt den Preis auf 40 Kina (ca. 10 Euro), dass sind 10 Kina mehr als die Lokals bezahlen und ist o.k.. Die Strasse zum Hotel ist mit Schlagloechern durchsetzt und von Menschen gesaeumt, teilweise in Lumpen gekleidet. Neben vereinzelnten Hochhaeusern (vegittert, ummauert, mit Stacheldraht umrollt und jede Menge Sicherheitspersonal) haben sich Slums angesiedelt. In solch einem Slum befindet sich unsere kleine, bis an die Zaehne bewaffnete, Pension. Wieder wird um den Zimmerpreis gefeilscht. Man sollte vielleicht lieber Kabuffpreis sagen, denn der Schlepper hatte uns ein "guenstiges" Einzelzimmer vermittelt. Nach dem Einchecken muessen wir erstmal raus uns umschauen. Mit Entsetzen sehen die Wachleute uns hinterher. Die Menschen auf der Strasse sind sehr freundlich zu uns und grinsen uns mit einem blutroten Mund an. Wir dachten, die haben Zahnfleischprobleme. Ueberall auf der Strasse war dieses "Blut" verteilt, wie nach einem Massaker (an Touristen?). Man klaerte uns auf. Aus Tradition, wie es hiess, kauen die Leute Bethelnuesse und spucken das ausgekaute Zeugs auf die Strasse. Irgendwie sind wir angewidert. Einige haben schon ihren Rausch davon in Verbindung mit Alkohol und wir verziehen uns lieber wieder in unsere "Suite". Erschoepft von der Hitze, den neuen Eindruecken und der Anspannung schlafen wir wie Murmeltiere.

Am Morgen zahlen wir, schwingen unseren Rucksack auf und wagen uns durch Boroko, einem Zentrum der Stadt. Alles ist verdreckt und ueberall lauern irgendwelche Gestalten mit roten Muendern. Ein junger Mann schliesst sich uns an und begleitet uns zum Bus. Von ihm erfahren wir die Fahrpreise und er gibt uns Verhaltensregeln. Auf Gepaeck aufpassen und bei Dunkelheit von der Strasse. Wir sind voellig verschwitzt und riechen fast ebenso herb wie die Leute im Bus. Alle schauen uns interessiert an, sind nett und freundlich und immer erinnert uns jemand daran, auf unseren Rucksack aufzupassen. In Downtown steigen wir aus. Eine Traube von Menschen umringt uns. Hier gibt es mehr Hochhaeuser, aber auch wieder keine Moeglichkeit sich mal auszuruhen. Es gibt kein Cafe, keine Kneipe, kein Restaurant. Wir machen uns auf den 1 km langen Weg zum Royal Papua Yachtclub. Er ist verrammelt mit Mauern und Wachleuten, die laut Warnschild bei Bedarf scharf schiessen. Unsere Hautfarbe ist unsere Eintrittskarte. Wir koennen auf der Terrasse entspannen und fruehstuecken. Hier verkehren nur Yachties und weisse Leute aus Port Moresby. Fuer uns wird es Zeit ein neues Zimmer zu suchen. Nicht weit vom Yachtclub werden wir (dank LONELY PLANET) pfuendig. Uli handelt den Preis von 320 Kina auf 250 Kina runter. Das Zimmer ist gross und im Haus ist ein Restaurant. Natuerlich auch gut abgeriegelt mit Wachmann in der Rezeption und drei schwer bewaffnete im Hof. Bethelnuss kauend sitzen Grueppchen mit Feuer in der Mitte vor der Hoteltuer auf der Strasse. Ein Plakat im Zimmer weist darauf hin, dass geklaut wird. Ausweise, Flugticket sowie wichtige Zettel kommen ab sofort in eine Pralinenschachtel (Buero genannt) und werden in einem Plastikbuedel immer mitgefuehrt. Die Geldboerse wandert in den Tresor (meine Unterhose). Der Rest kann notfalls geklaut werden.

Beim Erkunden der Gegend landen wir in einem traditionellen Stelzendorf. Die Menschen sind neugierig und liebenswuerdig. Alle wollen fotografiert werden. Und immer wieder die Warnung: Passt auf eure Sachen auf, geht bei Dunkelheit von der Strasse. Einfach ruehrig, was sie sich fuer Gedanken um uns machen.

Bald kennt man uns zwei Weissen in der Stadt, die einzigen die zu Fuss und mit dem Lokalbus unterwegs sind. Wir werden angesprochen, dass man uns dort und dort gesehen hat und wenn wir Hilfe benoetigen, sollen wir nur klopfen. Einfach nett. In dem kleinen "Strandcafe" am Ela-Beach stellt sich der Chef eines Highland-Dorfes vor, der mit Deutschland Geschaefte machen will. Er hat Kaffee zu verkaufen. Wir muessen passen und verweisen ihn an JACOBS-KAFFEE in Bremen und ans Internet. Er ist gluecklich, dass wir ihm weiterhelfen konnten.

Wir muessen dringend selbst ins Internet, aber es gibt keine I-Cafes. Irgend jemand gibt uns den Tipp ins Rathaus zu gehen. Und tatsaechlich gibt es hier in der Buecherei PCs. Man kann sie auch benutzen mit einer Woche Voranmeldung. Uli machte der Huebschen schoene Augen und schon duerfen wir an Nummer 9 unsere Post erledigen. Einmal im Rathaus, entdecken wir die Rathauskantine mit Blackforrest Cake. Uli's Herz huepft.

Nun brauchen wir noch Passbilder fuer unser Visum, dass wir tags zuvor bei der Indonesischen Botschaft in Port Moresby beantragt haben. Wo kriegt man die wieder??? Schliesslich fuehrt man uns in eine dunkle Passage, wo sich einige Laeden befinden und Passbilder vor einem Laken gemacht werden. Was wollen wir mehr!? Trotz allem sind wir reif fuer die Insel!

LOLOATA heisst das Zauberwort (dank LONELEY PLANET). Ein kleines Eiland, auf dem wir uns zwei Tage ausruhen und kulinarisch verwoehnen lassen. Es ist ein einheimischen Ressort mit traditionellen Stelzenhaeusern ueberm Wasser. Einfach, sauber, wunderschoen. Kein ewiger Laerm, keine laute Klimaanlage, keine leichten Maedchen mit wechselnden Kunden im Nebenzimmer (Holzwand!) und keine Kakerlaken, die ich jeden morgen aus den Schuhen kippen muss. Ruhe! Wir umwandern die Insel, ueberqueren sie und umpaddeln sie mit einem Kajak. Mittagsschlaf findet faul auf der Terrasse statt. Nur das Wachpersonal, das nachts das Wasser und die Insel mit einem Scheinwerfer ableuchtet, erinnert uns an das nicht ferne Port Moresby. Viel zu schnell vergehen die zwei Tage, aber gestaerkt stuerzen wir uns wieder in den Moloch und unser altes Hotel.

Wir besuchen das National-Museum und das Parlament. Am Parlamentseingang steht Bethelnuss spucken und Fotografieren verboten! Also hat Uli unseren eleganten Fuehrer in Uniform breitgeschlagen, uns im Parlamentssaal abzulichten. So hat niemand gegen das Gesetz verstossen in diesem gesetzlosen Land.

Im Yachtclub sind Freunde von uns eingelaufen. Sie duerfen noch nicht an Land, der Zoll muss noch kontrollieren. Also treiben wir uns weiter alleine in der Stadt rum. Drei Tage dauert es, bis unsere Freunde einklariert sind und wir gemeinsam los koennen. Mit einem Taxi und einem Guide fahren wir in den Botanischen Garten, der sehr schoen angelegt ist und in dem man durchatmen kann. Danach geht es nochmals zum National-Museum. Kurz vor dem Museum haelt der Taxifahrer ploetzlich an. Er ist ganz aufgeregt und will nicht weiter fahren. "Zu gefaehrlich!" Wir koennen es nicht verstehen; es ist heute am Sonntag niemand auf der Strasse. Und genau das ist die Gefahr! Wir ueberreden ihn zur Weiterfahrt und machen ihm klar, dass wir zu Fuss und per Bus zurueck kommen zum Yachtclub. Wir werden am National-Museum abgesetzt und unser Taxi samt Guide entfernt sich. Keine 5 Minuten spaeter sind sie zurueck. Sie haben Angst um uns und fuehlen sich verpflichtet, uns heil und sicher wieder zum Yachtclub zurueck zu bringen. Wo gibt es sowas noch? In Port Moresby! Einfach herzig.

Auf unserem Zettel stehen noch Besuche auf den Obst-, Gemuese-, Fisch- und Klamottenmarkt. Gemeinsam mit unseren Freunden streifen wir ueber die Plaetze, handeln, lachen und tauschen uns aus. Die Leute freuen sich von Weissen gesehen und geachtet zu werden. Es ist alles in allem eine herzliche Athmosphaere. Wir gehen noch bei meiner Freundin Terry vorbei, die an der Strasse sitzt und Bethelnuesse verkauft. Ihr roter Mund strahlt mich an wie ein Pavianpopo und sie ruft meinen Namen schon von weitem. Sie weiss, dass ich immer eine Kleinigkeit fuer sie oder ihre Kinder dabei habe. Mit Stolz ist sie dabei, "fuer ihre weisse Freundin" eine Muetze in den Farben PNGs (schwarz-rot-gold) zu fertigen.

Und noch einen kleinen Freund haben wir kennengelernt. Eron, Schueler in Port Moresby, gebuertig aus dem Highland, 18 Jahre alt und  k e i n  Bethelnussfresser. Ein pfiffiger, aufgeschlossener junger Mann, der unbedingt Kontakt zu uns halten moechte. Zum Abschied hat er jeweils unsere Hand mit seinen beiden Haenden umfasst und ganz bewegt gesagt: "Wir sind Freunde - ich habe deutsche Freunde!" Wir waren am schlucken ueber soviel Zutrauen und Freude.

Was fuer eine Stadt! Anlehnungsbeduerftig und gesetzlos. Arm und so reich an Gefuehlen.

Wir wundern uns nicht ueber die Ueberfaelle auf Weisse, die wie Tannenbaeume mit Uhren und Schmuck behaengt sich hinter getoenten Scheiben oder Bodygards verstecken. Vielleicht sollten sie es mal mit Einfachheit versuchen und Kontakt zu den Einheimischen aufnehmen. Wir haben nur bemerkt, dass die Schwarzen von den Weissen nicht gesehen oder gern uebersehen werden - noch wie in Kolonialzeiten. Die Eingeborenen sind ganz liebenswerte Menschen  ....und Jugendbanden gibt es in jeder Grossstadt, da muss die Polizei ran, die hier leider nichts tut.

Unser Abflug steht vor der Tuer. Unsere Freunde ziehen mit dem Segelboot weiter westwaerts. Wir zum Flughafen. Der Flug faellt aus mangels Passagiere. Wir sind nur fuenf Leutchen. Also warten auf den naechsten Flug 3 Stunden spaeter. Nun sind wir 9 Passagiere und es klappt. So ist es in diesem Land, in dem es kaum Touristen gibt. Um 23 Uhr sind wir in Cairns und wieder an Bord auf unserer TRUANT. Die Anspannung will nicht abfallen, aber der "Tresor" und das "Buero" haben ausgedient. Uns wurde nichts geklaut, wir wurden nicht ausgeraubt und wir sind noch voellig heil. Tja, alles in allem ist ein Urlaub in Port Moresby nichts fuer zarte Seelchen. Fuer uns war er abenteuerlich, lehrreich und voller Faszination.

Bis demnaechst mal, alles Liebe fuer Euch.