Liebe Freunde,

erstmal ganz lieben Dank fuer die emails zum Fest. Wir haben uns sehr darueber gefreut. Fuer Euch noch ein Stueck aus unserem Leben hier. Hoffentlich ist es Euch nicht zu viel. Bitte schreibt, wenn es Euch auf den Wecker geht.

Weihnachtszeit bei den Kunas

Um Weihnachten bei den Kunas zu verleben, mussten wir erstmal einige Huerden nehmen. Die erste ausgeguckte Insel Nurdupu hatte keine vernuenftige Ankermoeglichgkeit, die zweite Insel Carti/Yantupu erschien ziemlich runtergekommen. Die dritte von uns in Betracht gezogene Insel war es dann. Um dort hinzugelangen, mussten wir drei Riffe ueberwinden. Fuer Steuermann und Navigator mit Nervenkitzel verbunden. Unsere Weihnachtsinsel ist Isla Ammen/Chico, Groesse: 100m x 30m, jeder Zentimeter ist bebaut mit manchmal etwas windschiefen Huetten, die spaerlich ausgestattet sind (Haengematte und Regal aus Bambus auf Sandboden), aber sehr sauber. Einwohnerzahl: ca. 600. Natuerlich gibt es wieder keinen Strom und Wasser muss taeglich vom Festland aus dem River geholt werden und das alles mit dem Einbaum ohne Aussenborder. Durch die kleinen Gaenge zwischen den Huetten koennen fast nur kleine Kunas huschen. Uli haut sich immer den Kopf an den Strohdaechern an. Weiter wohnen im Dorf zwei Hunde namens Chokolate und Doscientos (200), Hausschweine, Affen und Loros (Papageien).

Der erste Tag war wieder ein Spiessrutenlauf mit mehreren Dutzend Kindern, aber ein Erwachsener uebernimmt sofort die Fuehrung und ist bei allem behilflich. Aus saemtlichen Strohhuetten kommen die Frauen mit Molas und wittern ein Geschaeft. Ich brauche keine mehr und mit Scherzen ziehen wir weiter. Natuerlich waren unsere Bonbons wieder der Renner, auch wenn sie nicht fuer alle ausreichten. Jetzt sind wir ein paar Tage hier und "Mola, Mola?" hat aufgehoert. Beim Kauf einer Halskette musste ich eine Kunafrau mangels 1 Dollarnoten auf manana vertroesten. Fuer sie war es eine Ausrede und dann kam ich tatsaechlich am naechsten Tag wieder. Die Freude, das Gelache und der Spass beim Feilschen zusammen mit allen Nachbarn nahm seinen Hoehepunkt, als noch ein nackter Kuna durch die Menge rannte. Alle zeigten auf mich und meine grossen Augen und schrien vor Vergnuegen. Der Tag war gerettet, das Dorf hatte sein Tagesgespraech. ...und wir gehoerten ab jetzt dazu.

Vom Boot aus hoeren wir den Weihnachtsgesang der Kinder. Je naeher das Fest kommt, um so mehr ueben sie. Ab und an koennen wir auch der Holzfloete lauschen und am Ufer wird dazu getanzt. Durch das Dorf schlich ein Weihnachtsmann. Die Verkleidung war nicht das neueste, aber er hatte einen weissen Rauschebart und trug die Weihnachtsmuetze, die wir ihm am Vortag geschenkt hatten.

Dann gab es noch eine Weihnachtsregatta der Jungs. Unser weit und breit einziges Boot war die Wendemarke. Wir feuerten sie natuerlich an mit ihren Ulus (Einbaeumen) und sie groelten, lachten und prusteten vor Stolz. Ans Boot kommen taeglich Ulus. Mal voller Kinder, die sich einen Bonbon abholen, mal junge Maenner mit ihren huebschen Frauen im Sonntagskleid, die wir fotografieren sollen und die auch immer ein kleines Geschenk von uns bekommen und mal so richtige Lungerer, die es ueberall gibt. ...oder es kommt ein Verletzter noch vor dem Fruehstueck. Nach der Verarztung mit Betaisodona und Verband und Geschenk muss er hoeflich von Bord gedraengt werden. In drei Tagen soll er zum Nachschauen wieder kommen.

Wir versuchen, auf der Insel ein paar Sachen einzukaufen. Erste kleine dunkle Huette = Laden. Nachdem ein junges Maedchen nicht bis 20 zaehlen konnte, verkaufte uns der Vater 20 kleine Brote. Der naechste Schritt, wie rechnet man den Preis aus!? Also Taschenrechner her und es dauerte etwas und dann mussten wir insgesamt einen Dollar loehnen. Das war eine schwere Geburt. In einer anderen schummrigen Strohhuette kauften wir 50 Bonbons. Der Verkaeufer ist fast umgefallen, denn die gibt es nicht in der Tuete sondern muessen erstmal einzeln gezaehlt werden und dann noch den Preis ausrechnen bei 50 Stueck. Das ist fast zuviel, aber auch er hat es dann doch hingekriegt mit zweimal 20 und dann 10 obendrauf. In dem dritten "Laden" konnten wir 20 Tueten Brausepulver Orangegeschmack fuer unser Wassermacher-Wasser ergattern. War auch wieder nicht so einfach zu rechnen. Zu Hause auf Truant stellten wir dann fest, abgelaufen seit 2001 und 2002. Aber besser so als nichts!!

An diesem Tag wurden wir auch vom Adjudanten des Sahilas mit Nachdruck ins schummrige Kongresso (Palaverhalle) gefuehrt, in dem in einer Haengematte drei Untersahilas doesten. Der Sahila selbst hatte uns schon vorher begruesst und war am arbeiten. Seine drei Untersahilas begutachteten uns gelangweilt doesig, brummelten miteinander und dann durften wir wieder abtreten. In welchem Rauschzustand sie sich befanden wissen wir nicht, aber die Szene war Fellini-reif!

Seit gestern merken wir, dass Weihnachten naeher rueckt. Fischer haben uns Fisch gebracht - Regalo (Geschenk). Als Bedankung gab es zur Feier eine Flasche Rum von uns. Dass der Einbaum nicht umgekippt ist, war ein Wunder.
Andere brachten uns Kokosnuesse und gebastelte schoene Geschenke. Alle sind sehr lieb und zurueckhaltend bis auf Morris unser Kranker. Immer wieder versucht er an Bord zu kommen, aber so langsam scheut er meinem boesen Blick. Fisch wollte er uns auch ueberteuert andrehen, den konnte er wieder mitnehmen.

Am 24.12. morgens bin ich mit Krach und Gejohle um 6.30 Uhr aufgewacht. Ich kam mir vor wie auf der Hauptstrasse zur rush hour. Zwischen Festland und Insel schoben sich Algeninseln vorbei, da mussten die Kunas natuerlich mit dem Ulu drin Spass haben und sowas geht natuerlich nicht ohne Gelaechter und Geschrei ab. Wir haben nach dem Fruehstueck dann die Zeit genutzt um noch etwas Essbares aufzutreiben, denn mit unseren 2 Eiern und der abgelaufenen Milch, die nicht mehr so astrein roch, kommen wir nicht weit. Ein alter Versorgungskahn war angelandet und siehe da, wir konnten 6 Eier und sogar eine Palette Bier und Bonbon erwischen. Halleluja, Weihnachten kann kommen. In einer hinteren Huette verkaufte man uns noch Zigaretten, die Stange 3 Dollar, die wir fuer Tauschgeschaefte und Bestechung brauchen.

Die Kinder haben sich heute die "Tuer in die Hand" gegeben. Sie wussten, sie bekommen Geschenke. Am
Spaetnachmittag war dann Ruhe und so um 18 Uhr kam der Weihnachtsmann mit dem Boot uebers Wasser gerauscht. Herrlich anzusehen. Nach der Bescherung war es dann stockdunkel und im Dorf wurde es ruhig bis auf ein paar Wisper-Stimmen hier und da aus den  dunklen Huetten. Wir haben genuesslich eine Flasche Wein gekoepft und gemuetlich im Cockpit bei lauer Luft und Mozartklaengen unseren Heilig Abend abgeschlossen. Ulis Geschenk war eine neue Pfeiffe und meine Geschenke eine neue TO-Flagge und ein Fingerring, Handarbeit von den Kunas aus Gold.

Heute am 1 Feiertag herrscht Sonntagsruhe. So still war es hier noch nie. Ein oder zwei Indiander haben neue Segel (Tischdecken) bekommen und probieren damit rum. Wir haben unser Ei verfruehstueckt und gehen nach dem Essen ins Dorf. Geschenke gibt es nur fuer Familien, die wir kennen. Die Kinder zeigen uns stolz und gluecklich ihre bescheidenen Geschenke.

Die Kunas sind nach unserem Hoerempfinden nicht gerade musikalisch, aber das 15 Minuten-Staendchen von etwa 80 Kindern extra fuer uns in einer engen Huette ging echt unter die Haut. Nach einigem Palaver mit den "hoeheren Tieren" des Dorfes wurden wir zum Fest am Abend eingeladen. Aber da mussten wir passen. Bei Nacht mit dem Dingi uebers Riff, das ist uns zu gefaehrlich. Jetzt hoeren wir sie feiern.

Wir sind gluecklich hier in Kuna Yala gewesen zu sein und freuen uns aber auch nach 8 Wochen Wildnis wieder auf die Zivilisation mit Steaks, Eiskaffee, Supermarkt und Internet. Morgen frueh heisst es: Anker hoch! Jetzt geht es noch auf ein oder zwei unbewohnte Inseln, bevor wir Colon anlaufen. Dort warten wir dann auf unsere Kanaldurchfahrt. Soll im Moment mit nur ein paar Tagen Wartezeit funktionieren, da der grosse Pulk erst im Maerz kommt, dann ist mindestens 1 Monat Wartezeit. Wir werden sehen.

Alles Liebe und Gute fuer Euch von
Uli und Marita