Panamakanal
und
Islas Las Perlas
In flotter Fahrt
eilt TRUANT die letzten Meilen dem Kanal entgegen. In froher Erwartung, bald
wieder Pazifikwasser (TRUANTs Geburtsort) zu schmecken, genuegt ihr ueberraschend das gereffte
Vorsegel. Cristobal Signal Station teilt ueber Funk mit, dass wir nicht die
kleine Seiteneinfahrt nehmen duerfen sondern uns bitte schoen mit den dicken
Poetten durch die Haupteinfahrt in den Vorhafen zwaengen sollen.
Panamakanalpanorama
von Sueden (Pazifik) her gesehen: oben rechts Cristobal/Colon
mit den 3 Schleusenkammern der Gatun Locks und dem anschliessenden Gatun See;
nach 31 nm geht es wieder abwaerts durch die Pedro Miguel- (eine Kammer) und
Miraflores Locks (2 Kammern) in der Bildmitte; dann noch (links unten im Bild) schnell ein paar
Meilen unter der Bruecke Puente De Las Americas hindurch und schon hat man's
geschafft.
Theoretisch.
An der Atlantikseite
reihen sich noch vor der Einfahrt in den geschuetzteren
Ankerbereich die Grossschiffe meilenweit fuer den Transit ein, waehrend eine
ebenso endlose Schlange in Gegenrichtung den Kanal verlaesst. Das blaue Schiff
rechts hat 3000 japanische Autos geladen. Taeglich rund um die Uhr wechseln hier
etwa 35 Grossschiffe (und als laestiges Hindernis 3 Segelboote) die Ozeane.
Nix mit Klar Schiff
An TRUANTs Deck stapeln sich als Fender dienende umwickelte
Autoreifen und vier 40 m lange 1-Zoll-Leinen. Beim Uebersetzen des Schiffsvermessers
drueckt ein Schlepper die Reling ein. Den mit dicken Teerklumpen angereicherten
Diesel muessen wir erst filtern, bevor er in die Tanks darf. Die Stadt Colon, in
der der Papierkram zu erledigen und die Transitgebuehr einzuzahlen ist, hat auch
schon bessere Tage gesehen. Vor den vergitterten Geschaeften stehen ueberall
schwerbewaffnete Sicherheitskraefte und man muss klingeln, um eingelassen zu
werden.
Ganz ruhig bleiben...
Puenktlich bei Einbruch der Dunkelheit duerfen wir uns mit
zwei anderen Booten endlich auf den Weg Richtung Gatun-Schleuse machen.
Vorschriftsmaessig sind auf jeder Yacht neben dem Skipper ein Lotse der
Kanalverwaltung und 4 fleissige aber staendig hungrige Leinen-Handler. Im
Paeckchen zu Dritt geht es in die erste der 3 Schleusenkammern.
Gespenstische Dimensionen
Irgendwie sieht das hier alles ein bisschen groesser aus als
in den hollaendischen Grachtenschleusen, die der Skipper bisher nur kennt. Aus
100 Loechern von 120 cm Durchmesser am Boden jeder Kammer schiessen binnen 5
Minuten 200 Millionen Liter Suesswasser aus einem aufgestauten Flussbecken. Der
dicke Pott vor uns wird ja wohl nicht gleich mit Vollgas durchstarten.
Gatun-See
Nach ausgiebiger Verkoestigung der 7-koepfigen
TRUANT-Besatzung und kurzem Schlaf an einer Tonne hinter den Gatun-Schleusen
geht es frueh morgens weiter durch den 25 m hoch aufgestauten Gatun-See. Im Bild
ehemalige Bergspitzen. 31 Seemeilen sind es bis zur ersten Schleuse abwaerts,
Pedro Miguel, und der Lotse draengt mit Funkgeraet und Stoppuhr in der Hand auf Einhaltung des minutengenauen Fahrplans.
Lieber Freibord als Freibier
Suesswasser traegt bekanntlich nicht so gut wie Salzwasser.
TRUANT liegt daher im Kanal etwa 10 cm tiefer - komisches Gefuehl beim Blick
aussenbords. Aber sie schafft tapfer ihren Zeitplan eng am roten Tonnenstrich. Der Lotse erzaehlt
stolz von der Geschichte des Kanals, dessen Bau vor
100 Jahren als eine der wenigen hervorragenden Leistungen der US Armee weltweit
uneingeschraenkt gewuerdigt wird, und der am 31.12.1999 in panamesische
Alleinverwaltung uebergegangen ist.
Vorsicht Entgegenkommer
heisst es vor mancher engen Kurve und ueberhaupt ist das 200 m
breite Fahrwasser viel zu schmal. Vorsorglich steht das gereffte
Vorsegel, damit die Berufskapitaene uns rechtzeitig sehen und eventuell
weitraeumig irgendwie ausweichen koennen. Nach 2 Cappuccinos ist der Lotse
(stehend) jetzt ganz entspannt bei nur 6 Knoten Fahrt und schaut nicht mehr auf
den Tacho. Hätten wir vorab eingestanden, keine 8 Knoten zu schaffen, wären 440 US-Dollar
Extragebuehr fällt gewesen.
Typisch
Ausgerechnet an der engsten Stelle im Gaillard Cut muss uns
Marita entgegen kommen. Dieser Streckenabschnitt durch felsige Huegel war auch
die schwierigste fuer die Erbauer des Kanals. Insgesamt arbeiteten 75000
Menschen 10 Jahre daran (1904 - 1914). Ein Versuch einige Jahre frueher unter
dem am Suez-Kanal erfolgreichen Ferdinand Lesseps scheiterte klaeglich und
kostete mehrere Zehntausend Tote, hauptsächlich durch Malaria.
Wieder abwaerts
Im bewaehrten 3er-Paeckchen mit TRUANT als Antreiber in der Mitte geht es
wieder abwaerts durch die 1000 x 110 Fuss grossen Kammern von Pedro Miguel und
Miraflores. Rechts im Bild die schweizer LOMA , von der die huebschen Bilder mit TRUANT
geschossen wurden. Alle sind an Deck und wollen in die Webkamera winken.
Bei Licht besehen
Von oben links in Leserichtung: auf jeder Seite 2
Schleusenleute, die unsere Leinen an der Kaimauer belegen und mitfuehren;
Schienenwagen beiderseits, die die grossen Schiffe halten und rangieren;
Miraflores Schleusentore schliessen sich; Moment, wo der Schleusenwaerter das
Wasser laesst.
Die Welt ist Zeuge!
Waehrend das Wasser aus der vorletzten Kammer abfliesst,
schaut die Welt dem historischen Ereignis zu. In der Mitte ein hollaendisches
Motorboot und ganz rechts oben am Ende der Kammer versinkt TRUANT im
3er-Pack. Das Logbuch notiert das Oeffnen des letzten Schleusentores zum
Pazifik um 13.29 Uhr Ortszeit (UTC-5).
Geschafft
Unter der Puente de las Americas (Panamericana) hindurch und
noch ein paar Meilen suedwaerts, dann schert TRUANT aus der Schifffahrtsstrasse
aus und ankert westlich vor Isla Flamenco, dem suedlichsten Punkt von Panama
City. Der Pazifik empfaengt uns freundlich mit einer milden Brise. Lotse und
Leinenjungs gehen von Bord und wir sind ploetzlich wieder allein.
Gut lachen
So koennen nur Sieger strahlen, die den Panamakanal das erste
mal und ohne Schrammen hinter sich haben. Die Anspannung weicht und bei franzoesischem Champagner
und 18-jaehrigem schottischen Whisky feiern LOMA, GALDU (2 Tage vorher durch) und
TRUANT, bis das Kreuz des Suedens wackelt.
Erster Sonnenaufgang ueber dem Stillen Ozean
Drei spannende Jahre sind wir jetzt unterwegs, haben uns Zeit
gelassen fuer die Menschen in den besuchten Laendern und eine ganze Reihe von
Freundschaften mit lieben Seglern geschlossen. Einige werden wir bestimmt in der
Suedsee wiedersehen, andere kehren lieber um ueber den Atlantik zurueck in die Heimat.
Dorthin wollen wir ja auch, haben uns nun aber unumkehrbar durch den
Panamakanal-Transit darauf festgelegt, den Umweg zu nehmen. Vor uns liegt ein
halber Globus mit fast nur Wasser.
Vasco Nunez de Balboa
soll als erster Spanier 1513 hier bei Panama City den Pazifik
gesichtet haben, allerdings nicht mit dem Schiff, sondern ueber den Landweg quer
durch Panama. Nur ein paar Jahre spaeter wurden von hier die Inkaschaetze
abtransportiert - zum Wohlgefallen des Christengottes, wie es heisst. Heute
bedeutet 1 Balboa in Panama gleich 1 US-Dollar oder 1 Bier.
Panama City der unteren 2.3 Millionen
bei Ebbe in der Kasse und im Fischereihafen (der Tidenhub
liegt hier um die 5 m). Um nicht gefleddert zu werden, soll man selbst tagsueber
viele Strassen und ganze Stadtviertel meiden. Dafuer sind die Taxis billig. Ist
auch notwendig, sonst findet man nichts ausser schmuddelige Schnellfrassketten
aus US-amerikanischem Nachlass. Nur mal als Beispiel: Pfeifentabak konnte erst nach 3 Wochen intensivster
Suche gefunden werden.
Panama City der oberen 10.000
Koennten auch weniger sein. Diversen uebereinstimmenden
Quellen zufolge sollen Rauschgiftkolumbianer hier an der neuen Promenade ihr
Geld waschen: Hochhaeuser und Einkaufs-Malls bauen und zum halben Preis wieder
abstossen. So haben alle was davon, nur nicht die toten Junkies. Nun lockt die
Regierung mit bunten Prospekten und grosszuegigen Steuergeschenken vorzugsweise
betuchte US Army-Veteranen, die diese Immobilien mit Meeresblick
beziehen sollen.
Faultier von oben
Nach den strapazioesen Einkaufstouren (Proviant und
Ersatzteile wie ueblich) in der City beobachten wir auf dem Rueckweg zum
Ankerplatz mehrmals dieses schläfrige Exemplar. Faultiere sind nur 4 Stunden pro Tag wach
und im Zeitlupentempo auf Nahrungssuche in den Baeumen. Goldig.
Urlaub auf Contadora
Haben wir auch mal verdient. Einfach abhaengen. Diese
Ferieninsel gehoert zum Las Perlas Archipel im Golf von Panama, 35 Meilen
suedlich von Panama City. Ein paar Hotels und 50 Privathaeuser teilen sich das
1200 x 800 m grosse Eiland mit 20 Minuten Fluganbindung zur Hauptstadt. Bei
Niedrigwasser gibt es vor den huebschen Villen viel Strand (wie im Bild) und bei
Hochwasser keinen. So ist der Landgang mit dem Beiboot (60 kg) jedesmal eine
kleine Herausforderung.
Guenter in action
Er moderiert von seiner Villa direkt am Strand von Contadora
aus das Pacific Island Net und haelt die Segler unterwegs bis nach Neuseeland
bei guter koellscher Laune. Und das macht er mit seinen 74 Jahren ganz prima.
Nach vier gewonnenen deutschen Porsche Ralley-Meisterschaften suchte er vor 24
Jahren was Neues und kam auf die Amateurfunkerei. Nun ist er da einmal
Weltmeister und mehrfacher nordamerikanischer.
Echte Perlen
sind die Perlas Inseln. Wir können sie in den 2 Monaten unseres Aufenthalts
dort nicht zaehlen, aber es sollen um die 300 sein. Ausser Contadora und 3
groesseren Inseln mit 4 bis 5 Fischerdoerfern sind sie unbewohnt. Von oben
links: typische Winzinsel mit hohen Baeumen; wunderschoene versteckte Straende;
Dorf Esmeralda auf Isla del Rey mit gastfreundlichen Fischerfamilien;
morgendliche Flussfahrt mit Beiboot auf dem Rio Cacique.
Letzte Tankstelle vor Tahiti
"Mit Dieters Vitamine kommst du gut nach Huahine" steht auf dem Schild
vor Dieters und Gerdas beruehmter Huette auf der suedlichsten Perlas Insel San
Jose. Er (79) mit Berliner Schnauze und sie (69), Hamburger Deern, sind vor
25 Jahren mit ihrem Boot hier haengen geblieben. Zutritt zu ihrem
gottverlassenen Paradies kostet eine Buddel Rum. Taeglich muessen beide ihre
Obst- und Gemueseplantage mit Machete gegen den Urwald verteidigen,
Schaeferhuendin Bella verjagt die laemmerfressenden Krokodile und nagenden
Wildschweine.
Das war die Route durch Panama
Rechts in der Karte von Cartagena kommend entlang den San Blas
Inseln (Kuna Yala) nach Westen, Panamakanal-Transit und Sprung zu den Las Perlas.
Ueber das Lampenfieber beim Panamakanal hat die Skipperfrau wieder einen
ergreifenden Bericht geschrieben, hier
nachzulesen. Nun traeumt sie allerdings vom Heiratsantrag eines Seeloewen
auf Galapagos. Wie das geht, davon mehr beim naechsten mal.