Hallo Ihr Lieben,

Indonesien laesst uns noch nicht los!

Wir sitzen in Batam am Faehranleger mit unserem Marina-Taxifahrer und warten auf das Schiff, das uns nach Singapur uebersetzen soll. Das schönste Weihnachtsgeschenk erwartet uns dort - unsere Tochter. Baju, der Taxifahrer ist sehr neugierig und fragt uns ein Loch in den Bauch zum Thema Tochter und was wir mit ihr unternehmen wollen. Als er hoert, dass wir mit ihr morgen nach Medan auf Sumatra fliegen wollen, um ihr die Orang Utans auf einem Dschungeltreck zu zeigen und er spitz kriegt, dass wir dort niemanden kennen wo wir hinwollen, bekommt er einen  Lachanfall. "Wie wollt ihr hinkommen zu dem Dschungeldorf, wo wollt ihr wohnen und wie soll es ueberhaupt gehen??" Nicht mal im Reisebuero kannte man das Dorf Bukit Lawang und wir hatten nur irgendwo im Internet davon gelesen. Aber wir sind ja immer sehr zuversichtlich, dass wir finden was wir suchen. Prompt kommt von Baju: "So geht das nicht! Ihr muesst dort Freunde haben. Ich bin von Sumatra aus der Gegend dort, aber das Dorf kenne ich nicht. Ich rufe einen Freund an, der wird Euch hinfahren." Wir begeben uns in seine Hände.

In Singapur schliessen wir freudig unsere Tochter in die Arme. Ganze 14 Tage haben wir sie fuer uns alleine! Herrlich! Voller Begeisterung packen wir noch am selben Abend unsere Rucksaecke fuer Sumatra und bekommen auch tatsaechlich einen Anruf von Baju. Sein Freund holt uns in Medan vom Flieger ab! Wahnsinn!

Trotz 2 Stunden Verspaetung des Fliegers findet uns Baju´s Freund in dem Gewusel von Menschen. Mit Haenden und Fuessen verstaendigen wir uns und begeben uns neugierig auf die 4-stuendige Autofahrt nach Bukit Lawang.  Kurz vor dem Dorf erfahren wir von einem weiteren Freund, einem lizensierten Guide, der uns in Empfang nehmen wird. Es ist kaum zu glauben, aber alles funktioniert besser als von einem Reisebuero geplant. Und schon haben wir das Ende der Welt, unser Dschungeldorf, erreicht. Es liegt ganz einsam an einem reissenden Fluss. Hinter den Huetten beginnt der Dschungel. Wir sind beeindruckt, nicht nur von der Landschaft, auch von unserer naechsten Uebergabe an den naechsten Freund, Erwin, unserem Guide. Die Freundlichkeit, mit der wir empfangen werden, ist ueberwaeltigend. Unser Freund Erwin hat natuerlich auch wieder einen Freund, der uns in seinem kleinen Hotelchen aufnimmt. Wir belegen ein Dreibettzimmer mit sowas wie einer Dusche, Klo und Moskitonetz. Als Mitbewohnerin haben wir noch eine Lydia alias Kakerlake. Eine koennen wir vertragen!  Jeder von uns bezahlt pro Nacht und Bett umgerechnet einen Euro. Nachdem wir uns eingerichtet haben, quält der Hunger, der im kleinen offenen Hotelrestaurant lecker gestillt wird. Natuerlich auch zu einem Spottpreis, versteht sich. In der Nacht oeffnet Petrus alle Schleusen und es regnet was das Zeug haelt. Ist eben Regenzeit!

Bei noch dampfender Erde nach einem leckeren Fruehstueck und dem Leibtrunk unserer Tochter (Tee Susu) beginnt in voller Montur (langaermeliges Hemd, lange Hose, Socken und feste Schuhe und kleinem Rucksack) der Marsch in die gruenen Berge. Voller Tatendrang stapfen wir durch den vom Regen aufgeweichten Lehmboden und sehen schon nach kurzer Zeit aus wie die Schweine. Die Sonne steigt und die Hitze wird fast unertraeglich. Wir hangeln uns an den Baumwurzeln die Berge hinauf. Gluecklich ueber unsere erste Pause bestaunen wir eine Moon Snake, die es sich im Geaest gemuetlich gemacht hat. Sie ist sehr giftig, aber nur nachtaktiv. Die zweite Pause folgt bei einer Horde Affen. Orang Utans haben wir noch nicht gesichtet und es geht immer noch hoeher hinauf. Irgendwo treffen wir dann auf eine weitere kleine Gruppe Menschen, die ebenso wie wir schwitzend und tropfend und voller Neugier auf die Geheimnisse des Urwalds unterwegs sind. Ich kann nicht mehr. Eigentlich wollten wir nur unsere Tochter testen, aber mit solch einem harten Treck habe ich nicht gerechnet. Dagegen war Borneo ein Spaziergang. Unsere Wege trennen sich. Uli, Erwin und ich gehen den Weg runter am Fluss entlang, wo ich ein wenig Abkuehlung bekomme und unsere Tochter schliesst sich der anderen Gruppe an. Die Arme darf sich gefaelligst weiter plagen. 

Der Fluss , gesaeumt von steilen Berghaengen, ist ziemlich breit und wild. Wir kraxeln von Stein zu Stein, ich darf das Tempo vorgeben und so erhole ich mich langsam wieder. Aber als Erwin sagt, dass wir den Fluss ueberqueren muessen, beschleunigt sich mein Herzschlag erneut. Es darf einfach nicht wahr sein. Was tue ich mir nur immer wieder an? Warum kann ich nicht brav und gemuetlich zu Hause bleiben, fernab von solchen Unternehmungen?  Augen zu, Pickelhaube auf und durch!

Irgendwann tauchen zwei Einheimische mit aufgepumpten Schlaeuchen von Lastwagenreifen auf, die sie aufgetuermt auf dem  Ruecken tragen. Sie scheinen einen Lagerplatz hier in der Naehe zu haben. "Wer will als erster rueber?" Ich bestimmt nicht. Uli opfert sich und bevor ich mich versehe, stehe ich allein am Ufer. Mir ist ganz flau, aber alleine will ich hier auch nicht bleiben. Unser Guide kaempft sich durch die Fluten zu mir zurueck und rein mit dem Po in den Reifen und rueber geht es mit einem Affenzahn durch die Stromschnellen. Ehe ich mich versehe, bin ich auch drueben und wieder auf den Beinen. Hat gut getan die Abkuehlung. Weiter geht es ueber einen Trampelpfad am Fluss entlang, der auf einmal endet. Wir muessen noch einmal ueber den Fluss, aber diesmal mit einem freischwebenden Sitz, der an einem Drahtseil baumelt. Uli wieder zuerst. Er zieht sich an einem zweiten gespannten Draht elegant rueber. Dann ich. Ganz tapfer und ohne nach unten in die Fluten zu schauen, hangel ich los. Nur leider werden so etwa in der Mitte des Flusses die Arme lahm. Ich kann einfach nicht mehr. Wie ein Kind lockt Uli mich, macht mir Mut und redet gut zu. Ganz, ganz langsam bin ich dann drueben. Saemtliche Glieder wackeln vor Erschoepfung. Der Rest des Weges zum Camp gestaltet sich einfacher und trotzdem stolpere ich nur noch vor mich hin. Wie wird es unserer Tochter ergehen?

Langsam kommen meine Lebensgeister wieder und werden nicht zuletzt von dem Essensgeruch ueber dem offenen Feuer stimuliert. Die Umgebung ist malerisch schoen. Undurchdringlicher Dschungel lichtet sich in einem kleinen Tal mit Wasserfall und Wasserlauf. Am Fluesschen auf grossen Steinen wird gebrutzelt, das Camp besteht aus zwei mit Bambusstoecken und Planen ueberdachten offenen Schlafstellen. Duschen koennen wir unter dem Wasserfall und die "Geschaefte" werden im Dschungel erledigt. Affen toben durchs Lager und grosse Warane spazieren am Fluss. Und dann, ich bin sofort hellwach, kommen sie, die sanften "Menschen des Waldes". Langsam hangeln die Orang Utans von Baum zu Baum und beobachten uns aus sicherer Entfernung. Es sind nur Mamas mit ihren Babys vor dem Bauch. Alle Anstrengung ist schlagartig vergessen. Es ist einzigartig, diese Tiere in ihrer natuerlichen Umgebung zu erleben.

Bald darauf wackeln erschoepfte aber strahlende Gestalten mit Gefolgschaft (3 Orang Utans) aus demUrwald auf uns zu. Es wird lebhaft im Camp und aufgeregt werden beim leckeren Essen Erfahrungen ausgetauscht. Unsere Tochter strahlt wie lange nicht mehr. Sie erlebt eine fremde Welt. Es tut ihr gut. Die jungen Abenteurer kommen aus allen moeglichen Ecken der Erde. Sehr nette Leute, unkompliziert und lustig.

Ein Orang Utan Weibchen sitzt mit Baby am Bauch auf einem Baum und lauscht ebenfalls den Geschichten der Menschen. Die Idylle wird durch einen Regenguss (alle Schleusen oeffnen sich) beendet. Eine Flucht unter die nicht ganz dichte Plane ist angesagt. Frau Orang greift sich rasch ein paar Blaetter und bedeckt ihren Kopf damit. Sie hasst Wasser im Gesicht! Es ist ein koestlicher Anblick, wie sie da so sitzt. Der Regen lullt uns ein und die Dunkelheit kommt schnell. Wir verschwinden ins Land der Traeume, wo man den harten Boden und die Naesse  nicht mehr spuert. Ganz vage denkt wohl jeder von uns kurz vor dem Einschlafen an alle moeglichen giftigen und stechenden Viehcher, die uns in der Nacht besuchen koennten. Erwin faselt was von einem  Weissen Tiger. Schlaftrunken stolpert jeder bei "Hochdruck" tapfer in den schwarzen Dschungel und findet dank einer schummerigen Fackel im Camp sein "Bett" wieder. Nicht auszudenken, wenn die Fackel im Regen erloschen waere. 

Am Morgen sind alle unversehrt und voller Tatendrang beim Fruehstueck versammelt. Unsere Orang Mama sitzt wieder auf ihrem Posten. Andere kleine Makaken versuchen staendig unsere Bananen zu klauen. Derweil hangelt sich Frau Orang samt Baby vom Baum, paddelt mit ihren ewig langen Armen durch uns erstarrte Figuren hindurch und schnappt sich zielgerichtet mit noch laenger werdendem Arm die grosse Dose suesse Milch fuer Tee Susu. Zurueck auf dem Baum begutachtet sie sie von allen Seiten. Uns verschlaegt es die Sprache. Mit ihrem kraeftigen Eckzahn oeffnet sie die Buechse und nuckelt sie genuesslich leer. Unglaublich! Und dann das Schaerfste! Sie langt nach unten in den Fluss und laesst Wasser in die Dose laufen, schuettelt und trinkt erneut. Das macht sie ein paar mal und dann fliegt die Dose in hohem Bogen in den Wald. 

Fuer uns wird es auch Zeit wieder zu ruesten. Die Rucksaecke sind gepackt und ein Blick ins Lager laesst uns eher an ein Guerillacamp denken als an eins fuer Touristen. Keine Matraze, kein Moskitonetz, kein Klo, kein Stuhl und kein Tisch. Aber genau das ist es ja, was die Faszination ausmacht. Die jungen Leute, also auch unsere Tochter, ziehen wieder in die Berge. Erwin und Uli geleiten mich den "Rentnerweg" zurueck zum Fluss, der heute vom vielen Regen wild und gelb aufgewuehlt ins Tal schiesst. Sogar Erwin ist ein wenig erschrocken. Die "Reifenleute" warten schon am Ufer auf uns. Sie haben 4 Autoreifen hintereinander gebunden. Erstaunlicherweise freue ich mich auf das Rafting. Im ersten Reifen sitzt einer von den Einheimischen mit einem Holzstab zum Lenken und Abstossen von den Felsbrocken und -waenden. Dann kommt Uli mit Gepaeckstuecken auf dem Bauch, dahinter ich mit Rucksack und dann Erwin, ebenfalls mit Holzstange "bewaffnet". Wir stossen ab und die Fluten reissen uns mit. Wasser spritzt ueber uns, unter uns und ueberall. Wir juchzen und kreischen vor Vergnuegen. Angst? Wer hatte denn mal Angst? Ich doch nicht! Na ja, jedenfalls ist die Schussfahrt ueber mehrere Kilometer einfach super und sauber sind wir dabei auch noch geworden. Waschmaschine a la Indonesia. Freudestrahlend kommen wir in Bukit Lawang an. Ausruhen, Klamotten trocknen in der Sonne und Erholen im kleinen Restaurant.

2 Stunden spaeter kommen unsere jungen Abenteurer den Fluss herunter geschossen mit lautem Gejodel. Wir machen schoene Fotos und nehmen die Erschoepften in Empfang. Auch sie sind bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit gegangen. Sind total fertig, aber gluecklich. Ein Erlebnis der besonderen Sorte. Keiner will diesen Trip missen. Unsere Tochter will mit ihrem Mann nochmal her, nochmal eintauchen in diese voellig andere Welt. Und irgendwann heisst es dann wieder Abschied nehmen. Wir werden wieder von Freund zu Freund zu Freund gereicht, bis wir zurueck in Batam sind. 

Die Zeit in Indonesien ist zu Ende und die Marina Nongsa Point liegt hinter uns. Unsere Tochter, die nie mitsegeln konnte (Seekrankheit!), nimmt diesmal ihren ganzen Mut zusammen und begleitet uns. Wir hangeln uns durch die Poette in der Singapore Strait und es geht besser als erwartet. Sie kommen zwar aus allen Richtungen und man muss sehr aufmerksam sein. Totales Kontrastprogramm in der Keppel Bay Marina, der Stadtmarina von Singapur.  An allen Ecken Weihnachtsmaenner, Kunstschnee, Elche, Maria, Josef und das Kind und viel Laerm. Jeden Tag sind wir unterwegs: Chinatown, Little India, Botanischer Garten und viele schoene Ecken lassen uns Singapur als eine wunderschoene Multi-Kulti-Stadt erleben ... wenn nur der viele Regen nicht waere und die dicke schwuele Luft! Am 23.12. gegen Mitternacht liefern wir eine zierliche, braungebrannte, froehliche Person mit einem grossen Tramperrucksack und strahlenden Augen wieder am Flughafen ab, damit sie am 24.12. bei ihrem Mann und ihren Kindern sein kann. Wir glauben, es hat ihr bei uns gefallen und sie geht wieder mit neuem Schwung in ihre Welt. Wir zwei sind etwas bedrueckt, freuen uns aber auf die Weihnachtsgeschenke unserer Kinder, die wir morgen erst oeffnen duerfen.

Kurz nach Weihnachten geht's weiter nach Malaysia. Fuer mich stellt die Strasse von Malakka einen Horror dar, aber es verlaeuft alles geordneter als gedacht und die Dickschiffe sind aufgereiht wie auf eine Perlenschnur. Wir schippern etwas abseits der Strasse und haben dafuer mehr mit den Fischern zu kaempfen. Zu hunderten fallen sie nachts uebers Meer her mit Schlepp- und Treibnetzen. Etwas gestresst und muede steuern wir Silvester eine Marina in Port Dickson/Malaysia an und klarieren ein. Am selben Abend wird mit unseren Kindern ueber Skype der Jahreswechsel gefeiert. 

Zwei Tage spaeter auf mit dem Bus nach Kuala Lumpur. Wieder ein Moloch mit viel Verkehr, wimmelnden Menschen und tausenden Geruechen. Nach Stadtbesichtigung und Uebernachtung fahren wir weiter nach Malakka. Eine schoene alte Stadt, in der wir mit einem Boot den Fluss hoch fahren und uns von einem Rikschafahrer die Stadt zeigen lassen.

Bei der Weiterfahrt entlang der malaysischen Kueste ist Wind wieder mal Mangelware und TRUANTs Motor muss  weiter leiden. Endlich kommt die Silhouette von Langkawi, der letzten Malaysia-Insel vor Thailand, in Sicht. Wir bestaunen die schoenen kleinen Inselchen um die Hauptinsel, die weissen Straende und die wild begruenten Karstberge. Mit unseren Schweizer Freunden von der SY LOMA, die uns hier mit dem Flieger besuchen, rollen wir Langkawi auf.  Danach geniessen wir die schoenen Ankerbuchten, die Einsamkeit, die Straende und die Aussicht. Unsere Koepfe rauchen und solch eine (heisse) Doppelsaison fordert ihren Tribut. Wir brauchen Urlaub und freuen uns, Euch wiederzusehen. Aber erst ist noch Thailand dran.

Heisse Gruesse an Euch im kalten Winter