Tonga Vava'U


 

Hier beginnt der neue Erdentag
Auf dem Weg von Niue nach Tonga schnippelt TRUANT knapp am Gipfel des 10 km hohen Unterwasserbergs Capricorn Seamount (Bildmitte) vorbei, und passiert anschliessend die Datumslinie (gruene Linie). Ab sofort sind wir der Frankfurter Boerse nicht mehr 13 Stunden hinterher, sondern 11 Stunden voraus! Das macht 24 Stunden, also genau ein ganzer Tag, der uns jetzt irgendwie fehlt. 

 

Die Vava'U Inselgruppe 
ist ein Refugium inmitten des rauen Ozeans: flache bewaldete Inseln, ineinandergreifende spiegelglatte Binnenseen und ein 15 Seemeilen langes Schutz-Riff an der Wetterseite. Im Vordergrund der Hauptort Neiafu. Nach seinen schlechten Erfahrungen mit Niue ("Savage Island") nannte Captain Cook Tonga "The Friendly Islands" der lieben Einwohner wegen, Vava'U hat er jedoch nie gesehen. Sein bester Freund auf Tonga erzaehlte ihm, dass es hier keine Ankerplaetze gaebe - mit gekreuzten Fingern auf dem Ruecken.

 

Neiafu
mit ca. 6000 Einwohnern und vielen Shops, Restaurants und Cafes ist ein lebendiges Staedtchen. Moorings und Sunsail haben hier Charterstuetzpunkte. Anders als in Franz. Polynesien sehen wir erstmals wieder aeltere Rostlauben auf den Strassen, und Autowerkstaetten. Nach dem Einklarieren liegt TRUANT komfortabel an einer Mooring-Boje.

 

Frisch vom Land
Auch anders als bisher gibt es wieder frisches Gemuese und Obst auf dem Markt, und dazu sehr preiswert. Die Marktfrauen sind notorisch lustig und alle lachen laut im Chor, wenn sie uns Papalagis mal wieder etwas mehr abgeknoepft haben. Sie sind stolz darauf,  "Friendly Islanders" zu sein, und verhalten sich auch so.

 

Ohne Fleiss kein Pa'anga
Ebenfalls anders als weiter oestlich wird hier richtig gearbeitet. Tonga hatte als einziges Land im ganzen Pazifik nie koloniale "Schutzmaechte", die anderswo unter die Arme griffen. Um aber einigermassen zurecht zu kommen, muessen Angehoerige, die in Neuseeland oder Australien arbeiten, jeden zweiten Pa'anga (Tonga-Dollar) beisteuern. Von oben links: Familie auf dem Riff beim Einweichen von Korbgeflecht; Kokusnuss-Ritter; winkende Feldarbeiter; gluecklicher Fischer.

 

Jedem seine Huette
Von oben links: Haeuschen mit Meeresblick; typische Bauweise auf Lehmboden, damit die suhlenden Schweine sich wohl fuehlen; alte Strohhuetten mit Blechzaun, damit Nachbars Schweine das Gemuese nicht anknabbern; Haus mit Allzweck-Veranda.

 

Koenigliche Zweigstelle
Der alte kam ja oefter mal von Nukualofa herueber, Tongas Hauptstadt auf der 170 Meilen entfernten Insel Tongatapu, aber der junge Koenig war erst einmal hier auf Vava'U. Wenn er sein Versprechen, sich von seinen zahlreichen Unternehmen zu trennen, nicht einhaelt, wird der koenigliche Zaun wohl bald noch ramponierter aussehen.

 

Polizei? Brauchen wir nicht.
Was kann dies mehr beweisen als solch ein idyllische Bild? Die reifenlosen Einsatzwagen rosten hinter der Polizei-Dienststelle vor sich hin und in der Gefaengniszelle lagern seit Jahren nur Akten. Ein Wachtmeister, eine Sekretaerin und zwei patrouillierende Ferkel reichen offenbar, um die oeffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. 

 

Das Lange Schwarze fuer Papi und Junior
und fuer Mama der knietiefe Schnuerrock - so will der Herr Pfarrer am Sonntag seine Schafe in der Kirche sehen. Und sie kommen alle, viele dreimal morgens, mittags und abends. Selbstredend, dass an diesem heiligen Tag working, boating und swimming unterbleiben. Mit schlechtem Gewissen und langer Hose wagen wir die Fahrt mit dem Beiboot an Land.

 

Alle Macht dem Staate
der Kirche! Davon kann der Vatikan nur traeumen. Die verschiedenen christlich orientierten Sekten mit ihren 18 Kirchen allein in Neiafu "erziehen" ihre Kinder bereits frueh im eigenen deutsch bezeichneten "Kindergarten". So bleibt nichts dem Zufall (und dem eigenen Verstand) ueberlassen und wir haben eine Erklaerung fuer die rostenden Polizeiautos. Den "Staat" gibt es nicht, der Koenig ist weit weg und die Götter wachen über allem.

 

Einfaches Rezept
Der Herr Pfarrer beschimpft seine doch so anfaelligen Erbsuender wirklich stundenlang lautstark, bis sie klein und muerbe sind, und das schlechte Gewissen wieder fuer eine Woche reicht. Die kurzen Pausen gefuellt mit Chorgesang haben uns enttaeuscht: statt zuenftiger Gospels gabs nur inbruenstige Trivialmelodien im Weihnachtslied-Stil.

 

"The End is near"
verkuendet dieser Wanderprediger mit ergreifender Orgeluntermalung. Nur wer in seine Sekte kommt, wird dem Desaster und anschliessenden ewigen Hoellenfeuer entgehen. Mit solchem Hokuspokus laesst es sich selbst auf Tonga gut leben, wie ein kritischer Blick der TRUANT-Crew auf die Kollekte bestaetigt.

 

Fuenf Grazien im Bade
Auch hier herrscht Zucht und Ordnung. Nach Feierabend wird gruendlich gebadet, direkt an der oeligen Hafenrampe. Maennlein und Weiblein getrennt und in voller Montur. Danach im Dunkeln geht's kiechernd in die suendige Disco. Wir hoeren auch von einer "Nite-Bar", in der die Bedienung schulterfrei servieren soll.

 

Paradies mit Sprung
Da es in der Stadt kein Museum gibt, gehen wir mit dem klapprigen Mietwagen auf Spurensuche nach Resten einer urspruenglichen Kultur, nach alten traditionellen Werten vor der Christianisierung. Auf gut ausgebauten Strassen kommt man in viele versteckte Doerfer, aber nirgendwo ein Hinweis auf alte Braeuche. Kingdom of Tonga - ein friedfertiges stolzes Volk ohne Identitaet?

 

 

Wie steht's mit der Ahnenverehrung?
Nach unserem langsam verstoert wachsenden Vorurteilsvermoegen auch Fehlanzeige. Bunt gepflegt werden nur junge Graeber, die aelteren verschwinden unter Unkraut. Die treuesten Besucher sind die Freilauf-Schweine.

 

 

Antike Raritaet
Zurueck in der Stadt, werden wir auf dem "Europaeischen Friedhof" doch noch fuendig. Carl Friedrich Wolffgramm aus Pommern, in friedlichen Diensten des Kaisers, verblich hier 1878. Das bringt uns auf eine Idee. Samoa, vor 100 Jahren deutsche Kolonie, ist nicht weit und wir beschliessen, so Rasmus will, dorthin einen Abstecher zu machen.

 

"Erwachet"
Vielleicht platzen ja die Illusionen des goettlichen Lohns und Zorns wie Luftballons, wenn sie erwachsen werden. Mit dieser symbolisch zersetzerischen Geste verabschieden wir uns von Vava'U und Tonga.

 

Nur Schweinereien
gibt es diesmal abschliessend, weil sie so eindringlich in's Auge stechen und unsere Erinnerung praegen werden. Von oben links: Schweineinvasion; Schweinebucht; laechelndes Ferkel; Sauarbeit.

 

Warten
heisst es abermals, auf den richtigen Wind. Seit Abfahrt von Bora Bora macht uns "La Nina" zu schaffen und bringt alles im Suedpazifik durcheinander. Aber der naechste Bericht kommt bestimmt.