Transatlantik
Ausgangspunkt Sao Nicolau
Die letzte Kapverdeninsel, die wir besuchen: ähnlich grün
und fruchtbar wie Santo Antao und der Hauptort Ribeira Brava (im Bild) nicht
wie sonst überall üblich an der Küste sondern inmitten der
Insel. Auch hier widersprüchlich und bedrückend die Armut.
Tarrafal /Sao Nicolau
Am Ankerplatz werden letzte Vorbereitungen für die Überfahrt
getroffen und der neue Wassermacher läuft auf Hochtouren, auch für andere
Segelfreunde. Noch ein
paar Telefonate, emails und ein letzter Espresso an Land, dann flüchten
wir vor den unzähligen Fliegen und Cucarachas endgültig an Bord und
machen alles seeklar.
Styropor-Eskorte
Diese mutigen Jungs auf ihren wackeligen "Schiffen" erwarten zum Abschied
keine Dollars wie in Mindelo, sondern freuen sich noch über Bonbons
und Luftballons. Dann heisst es Anker auf und einige Stunden später
verschwinden die Kapverden am Horizont.
Vollzeug
Die ersten Tage bläst der Wind aus NE und füllt alle Segel.
TRUANT kommt gut voran mit zeitweise bis zu 9 kts Geschwindigkeit über Grund
und Etmalen (24h-Strecken) bis 138 nm. Über Kurzwelle besteht täglich
Kontakt zu anderen Seglern, die vor uns gestartet sind und wertvolle Wetterinformation
geben. Davon abhängig wollen wir uns bald für das Ziel Barbados oder
Surinam entscheiden.
Oh Butterfly...
Früher als gewünscht dreht der Passat weiter auf Ost und kommt damit
genau von hinten. In Schmetterling-Stellung bei Windgeschwindigkeiten um
15 kts wird es etwas rolliger, aber die Etmale bleiben erfreulich über
120 nm. Weiter westlich werden zwischen dem 10. und 16. Breitengrad Tröge
gemeldet, doch das ist noch weit weg und die Genua kann auch nachts ausgebaumt
bleiben.
Hochstimmung
Wir kommen gut voran und es macht richtig Spaß. So einfach und
zügig hatten wir uns das nicht vorgestellt. Auch wenn die Landschaft
nicht mehr ganz so abwechslungsreich wie sonst ist, kommt doch überhaut
keine Langeweile auf. Und solange der Skipper die Geheimnisse der Navigation
für sich behält, ist die Skipperfrau viel zugänglicher und
weniger frech als an Land.
Ein Dutzend bruchgelandete Fliegende Fische
werden täglich vom Deck gesammelt und gelegentlich Dephine, Pilotwale
und Fregattvögel gesichtet - mehr ist diesmal leider nicht unter der
Rubrik Flora und Fauna zu berichten. Allerdings begegnen wir auf der
gesamten Strecke 6 Großschiffen, wovon 2 nachts bis auf eine halbe
Meile doch sehr nahe kommen.
All's well!
Dieser alte Nachtwächter-Ruf ist auf See zwar nicht üblich,
aber Nachtwache mit Rundblick alle 20 Minuten ist auch abseits der großen
Schiffahrtsrouten erforderlich. Ein Frachter stoppt tagsüber vor
uns auf und gibt seiner Besatzung und evtl. zahlenden Gästen Gelegenheit,
die Verrückten in ihrer Nussschale zu fotografieren.
Bleibende Eindrücke
sind die täglichen Himmelsschauspiele, besonders natürlich
die immer unterschiedlichen Sonnenauf- und -untergänge.
Halbzeit
nach nur 8 Tagen auf See (distanzmäßig). Allerdings werden die Etmale
deutlich kleiner, die
See rolliger. In der Funkrunde berichten Freunde, die Barbados erreicht
haben, von Wucherpreisen in den Geschäften und Restaurants just zum
Start der Segelsaison. Wir entscheiden uns definitiv, Surinam an der Nordküste
Südamerikas anzulaufen. Zwei holländische
Segelschiffe sind vor uns auf dem Weg dorthin. Surinam war früher
Holländisch Guyana.
Die berüchtigten Squalls
sind kurze starke Regenschauer mit plötzlichen Böen und Winddrehern.
Sie läuten die zweite Halbzeit ein und schleichen sich besonders gern
nachts als harmlose kleine dunkle Wölkchen ohne Rücksicht auf
die ausgebaumten Segel von hinten heran. Wenn man sie einmal akzeptiert
hat, kann man sie mit einem beherzten Sprung an's Vordeck auch als kostenlose
Volldusche nutzen.
Stürme und Sturmausläufer
haben wir ausser diesen kurzzeitigen Squalls glücklicherweise
nicht durchzustehen. Nur das oft langanhaltende Rollen bis 35 Grad Krängung
beiderseits ist manchmal nervig. Wir schreiben das den schlanken Linien
von TRUANT zu. Schönheit muss eben leiden.
Wenn es zu ungemütlich wird
vertrauen wir TRUANT und seinem Autopiloten und ziehen uns unter Deck
zurück, schauen auf's Radar und Smutje kocht ein leckeres Menu.
Wo sie die vielen Hände zum Festhalten her hat, bleibt ein Rätsel.
Die Aussichten für die nächsten Tage...
Dann kommt was doch noch kommen musste: Wind nur noch 5 bis 10 kts (Wetterfax
oben rechts; nichts für ein 17 Tonnen schweres Segelboot) , Kalmenzone
(windarme Zone zwischen Passatwinden der Nord- und Südhalbkugel;
oben links) und Gegenstrom von 2 kts (unten; hätten wir besser berücksichtigen
sollen). Die Etmale werden immer kleiner (Querstriche entlang der blauen Route
unten), die Segel schlagen fürchterlich und das Rigg ächzt.
Wie man sich in der Flaute die Zeit vertreibt
Das Vorstag hat sich in der Flaute aus der Spannschraube herausgedreht, die daran hängende Refftrommel
pendelt wie eine Abrissbirne übers Vordeck und muss gebändigt werden. Diverse
gebrochene Schäkel an Dirk-, Großschot- und Boommaster müssen ersetzt
werden. Zwei langsam aber sicher
wachsende Risse im Groß- und Vorsegel bedürfen der Notreparatur. Starterrelais für den Motor
gibt seinen Geist auf und muss repariert
werden.
Alles hat ein Ende
Stündlich neuer Frust wandelt sich schließlich in Gleichmut.
Dazu bedarf es keinen Alkohols, auch wenn die Skipperfrau dies hier missverständlich
zu demonstrieren scheint. Und irgendwann nach gefühlten 4 Wochen sind diese
Flautentage auch vorbei, Mitstrom und (etwas mehr) Wind bringen uns dem
Ziel näher.
Seefahrergeschichten
erzählen immer vom Kreuz des Südens. Nun taucht es morgens im Südosten
auf! Saturn, Jupiter, Mars und morgens
Venus waren auf der ganzen Strecke unsere Begleiter. Einer, um den sich
alles dreht, rutscht im Norden immer tiefer: der Polarstern.
Götterdämmerung
Der letzte Sonnenuntergang. Während der restlichen 400 Meilen hatten wir täglich stundenweise den Motor zuhilfe genommen,
um die Chance zu nutzen, vielleicht doch noch zu Weihnachten am Ziel zu sein. Die beiden holländischen
Boote hatten mehr Glück und sind längst in Paramaribo/Surinam angekommen.
Landfall
Noch sehen wir keine Küste, da tauchen die ersten Fischer und
Fischernetze auf und das Wasser färbt sich gelblich. Dann einzelne
Bäume und schließlich sieht man den ganzen flachen Küstenstrich.
Einfahrt in den Surinam River
Die Hauptstadt und einziger Hafen von Surinam liegt am Surinam River.
Die betonnte Fahrrinne müssen auch wir mit einem kleinen Schiff wegen
der Sandbänke beiderseits tunlichst einhalten.
Erste Besiedelungen erscheinen am Ufer des Surinam River. Zum Glück ist der kräftige Tidenstrom mit uns.
Dann wieder undurchdringlicher Mangrovenwald. 3 Stunden braucht TRUANT für die 20 Meilen Einfahrt
bis zur Stadt, dann ist es endlich geschafft.
Schöne Bescherung
Als am 24.12.2004 um 16.30 Uhr Ortszeit nach 20 Tagen 5 Stunden und
15 Minuten der Anker vor den Landungsstegen der Maritieme Autoriteit Surinam
und des Hotels Torarica (im Bild) fällt, liegen hier schon 5 Segler
am einzigen Ankerplatz von ganz Surinam, darunter fröhlich winkend unsere fliegenden Holländer
Beagle und Angelique.
Drei Skipper beim Seemanngarn spinnen bis tief in die (heilige) Nacht.
Drei Skipperfrauen, natürlich beim Sprudeltrinken, bis früh in den
(katerigen) Morgen....
Allen Freunden, Bekannten
und Verwandten
ein gesundes und glückliches
Neues Jahr 2005!