Trocken in Trinidad
Die Jungs vom Travellift
leisten ganze Arbeit. Der scharfe Wasserstrahl entfernt nicht nur sauber
den Unterwasser-Bewuchs der letzten Saison, er löst auch die Epoxy-Schicht
vom Stahl. Eigentlich wollten wir nur neues Antifouling und eine Überprüfung
des Riggs nach dem Gedümpel auf dem Atlantik.
Chaguaramas
liegt am Nordwestzipfel von Trinidad. Wie schon beim ersten (Karnelvals-)Besuch
ausgekundschaftet, gibt es an diesem ehemaligen US-Stützpunkt mehrere
Werften und Ausrüster, aber bis zur nächsten Stadt dauert's eine
halbe Stunde mit dem Sammeltaxi.
Wackeln ohne Wind
Trinidad gilt als hurricane-freie Zone, nur EMILY hält sich nicht
dran und beschert den Yachties in diesem Jahr wenn auch keinen Windbruch so doch nasse
Füße. Ebenso überrascht hat später ein kleines Erdbeben
Stärke 5.5, bei dem sogar unsere Schiffsglocke bimmelt.
Heisses Pflaster
So sieht eine normale Ausgabe der Tageszeitung von Trinidad aus.
Deutschlands auflagenstärkstes Analphabetenblatt kann da noch was lernen. Die
Polizei rühmt sich, in 3 Stunden 4 Mörder gefasst zu haben. Die
meisten Killer kommen peinlicherweise selbst aus den Reihen der unterbezahlten
Polizisten.
Wir lassen TRUANT im bewachten Terrain einer Bootswerft allein und besuchen
unsere Lieben in Deutschland.
Seemannsgarn oder nicht?
Da zweifelt selbst die 95-jährige Mutter, wenn wir unsere Geschichten
erzählen. Aber sie hat jede Seemeile im Weltatlas verfolgt. In Norddeutschland
geniessen wir mit Freunden die langen hellen Abende (und den Pfeifentabak).
"Wir haben euch vermisst"
sagen spitzbübisch die süßen Enkel in Bayern. Kein
Wunder, hatten die Jungs doch bei uns meist mehr Freiheiten als bei den
Eltern. Eine schöne Zeit. Als sich jedoch Stoibers Erkenntnis über sein Wahlvolk "Die dümmsten
Kälber wählen ihre Schlächter selber" wieder mal bestätigt,
beamen wir uns schnell zurück ins "friedliche" Trinidad.
PEAKE is Shit
Zurück in Trinidad, können wir gerade noch verhindern, dass
die beauftragte PEAKE-Bootswerft schnell Antifouling über den Rost
pinselt, der nach dem Sandstrahlen des kompletten Unterwasserschiffes hinter
dem dünnen Grundanstrich hervorscheint. Also alles noch mal
von vorne. Zwei Monate dauert es bei schweisstreibender Hitze, bis TRUANT
wieder ok und neu aufgeriggt ist. Diese Werft wird uns bestimmt nicht
wiedersehen.
Alles hat ein Ende
Ein paar letzte Pinselstriche und Beschaffungen und Träumen vom
kühlenden Wasser für Schiff und Crew. Jammern gibt's nicht, wir
haben das ja so gewollt.
Fix und fertig
Truant ist wieder klar für neue Abenteuer und wir haben eine Menge
dazu gelernt (und ausgegeben). Die Sturmbretter mit den Bullaugen vor den
Salonfenstern haben uns bei über 35 Grad Innentemperatur (trotz Klimaanlage)
vor dem schlimmsten bewahrt.
Alles wasserdicht?
Was für ein Gefühl - im Morgengrauen sanft aus dem Schlaf
gewogen zu werden. Wir haben Urlaub verdient und gehen ein paar Meilen
vom Werfttrubel und Lärm entfernt an der kleinen Insel Chacachacare
vor Anker. Sieht alles gut aus und das Schiff macht kein Wasser.
Chacachacare
ist die westlichste Insel von Trinidad und bis nach Venezuela sind
es nur noch 6 Seemeilen. Sie war bis 1973 Leprastation und ist heute -
mit Ausnahme von 2 Leuchtturmwärtern - unbewohnt.
Zurück zur Natur
Die leeren Häuser (hier Nonnenresidenz, Doctors House, Kapelle,
Poststation) verfallen und auch die Wege werden wieder vom Dschungel verschlungen.
Ein Hauen und Stechen
ist das hier, wie in der bayrischen Staatskanzlei (unsere Deutschlandeindrücke
sind nachhaltig!), sonst kommt man nicht weiter. Auf den Wegen lauern kleine
Schlangen und Echsen. Die Bäume stehen mitten auf der ehemaligen Straße.
So erobern wir 10 Tage lang jeden Meter, richtig spannend.
Innenansichten
Von den ca. 50 Häusern entdecken und durchstöbern
wir immerhin 19. Von oben links in Leserichtung: Nonnenschlafsaal, Lazarett,
Untersuchungsraum, Einzelzimmer.
Auf Spurensuche
Öffnungszeiten der Poststation; Nachttopf; Nonnengrab; Röntgenbild
von John Gosine, wohl einem der letzten Patienten an diesem gruseligen
Ort. Vielleicht sind es die Seelen der Verdammten, die uns nachts am einsamen Ankerplatz
als Glühwürmchen umschwirren.
Unbekannter Künstler
Dieses groß an die Wand gemalte Bild fanden wir im Lazarett. Schrei in rot?
Geier ade
Die zahlreichen Geier stehen hier unter Naturschutz. Sie ernähren
sich von toten Ratten und warten wieder auf bessere Zeiten. Hoffentlich
vergebens. Aber bei 40 Millionen AIDS-Kranken haben sie doch eine reelle
Chance. Wir machen uns auf in nördliche Richtung und werden dann wieder
von karibischeren Träumen berichten. Fair winds!